Architekt des Celler Karstadt-Kaufhauses warnte vor Verödung der Citylagen

Seit seinem Bau Mitte der 1960er Jahre spaltet das Karstadt-Warenhaus in Celle die Geschmäcker – der eine sieht in den „gefalteten“ Fassaden mit Rasterstruktur eine gelungene formale Übernahme der Celler Fachwerkstrukturen, der andere den Betonklotz als Fremdkörper in der historischen Altstadt. Entworfen wurde das Gebäude von dem Düsseldorfer Architekten Walter Brune. Kaum jemand hat die Einzelhandelsarchitektur hierzulande so geprägt wie der mittlerweile 94-Jährige. Allerdings war Brune auch ein leidenschaftlicher Streiter für den Erhalt der Innenstädte und stand – bis zu seinem Rückzug ins Private im vergangenen Jahr – an vorderster Front, wenn es darum ging, Ansiedlungen von Outlet-Centern auf der grünen Wiese zu verhindern. Position gegen Outlet Center auf grüner Wiese: „Wenn eine Stadt und ihre Politiker sich sehenden Auges ein Outlet Center vor die Tore der Stadt stellen, sind es für mich Mörder“, erklärte er noch vor wenigen Jahren. „Keine Innenstadt kann gegenüber einem Outlet-Center existieren – das ist ihr Tod.“ Eine Position, die angesichts des Designer Outlets bei Soltau sicherlich auch in Celle ihre Anhänger gefunden hat. Einkaufen sei nie nur Bedürfnisbefriedigung, sondern stets auch eine Frage der Erlebnisqualität, hatte der Architekt ein ums andere Mal betont. Wie in den USA werde auch in Deutschland ein großer Teil der Shopping-Center mittelfristig schließen, weil sie exakt diesen Effekt nicht bieten könnten. „Es sei denn, die Innenstadt ist schon kaputt. Wenn einer tot ist, dann kann er noch so oft erweckt werden – er wird nicht wieder lebendig.“ Zu hohe Mietpreise führen zur Verödung der City: Immobilienbesitzer würden dazu neigen, das Maximum an Miete anzustreben, erklärte Brune die Entwicklung, die zur Verödung von Innenstadtlagen führe. Hohe Mietpreise könnten in vielen Branchen nämlich gar nicht erwirtschaftet werden. Wenn nun aber das Angebot verflache, weniger vielfältig werde und gar die Gastronomie weggehe, dann werde eine Einkaufsstraße schnell langweilig. Und dann das Internet: „Angesichts des E-Commerce-Handels sehe ich die Aussichten für den Einzelhandel heute deutlich kritischer als früher.“ Seit Anfang der 1980er Jahre war Brune als Architekt, Entwickler und Betreiber von innerstädtischen integrierten Einkaufszentren tätig gewesen, nachdem er Anfang der 1970er Jahre ein Shopping-Center bei Mülheim an der Ruhr geplant hatte. Damals musste er erkennen, dass er mit diesem Bau einem „Ausbluten der Innenstädte“ Vorschub geleistet hatte. Reumütig entwickelte er das Konzept cityverträglicher Stadtgalerien wie der Kö-Galerie in Düsseldorf. Das vor gut 15 Jahren in Celle angedachte ECE-Center am Rande der Altstadt hätte vermutlich seine Unterstützung gefunden. Kritik in Celle schon am Vorgängerbau: Was nun die Kritik an seinem Celler Karstadt-Gebäude angeht, kann Brune übrigens ganz beruhigt sein: Bereits der 1929 von Rudolph Karstadt eröffnete Vorgängerbau an der Celler Poststraße, dessen Fassadengestaltung sich am berühmten Karstadt-Warenhaus am Berliner Hermannplatz orientierte, war von der Celler Bevölkerung als unpassend kritisiert worden. Der aus einem Architektenwettbewerb hervorgegangene Brune-Entwurf aus den 1960er Jahren galt den Entscheidern des Preisgerichts da als viel besser zum Fachwerk passend. Von Klaus M. Frieling