Altes Handwerk in Celler Altstadt: Keramikerin Annette Dannhus

Zunächst ist es nur ein braun und gräulich wirkenden Klumpen, doch mit ihm beginnt alles. Annette Dannhus setzt sich auf den Hocker und wirft die Drehscheibe an, auf der sie den vorbereiteten Ton mittig platziert hat. Und genau da soll und muss er auch bleiben. "Das Zentrieren ist ziemlich schwierig", erklärt Dannhus. Vor allem Berufsanfänger brauchen einige Wochen bis es perfekt gelingt. Der Ton muss auch beim Drehen exakt mittig gehalten werden. Nach dem Zentrieren folgt das Aufbrechen. Die Keramikerin drückt mit dem Daumen ein Loch in den Klumpen, er verformt sich und wirkt nun wie eine flache Schale. Doch nur wenige Sekunden später werden die kleinen Ränder immer länger und schießen förmlich zu richtigen Wänden in die Höhe. Eine kleine Vase entsteht. "Immer wie Zauberei": "Das Hochziehen wirkte für mich früher immer wie Zauberei", erinnert sich Dannhus. Schon als Kind fand sie das Töpfern in der Schule faszinierend. Sie wollte auf jeden Fall einen Handwerksberuf erlernen. "Meine Eltern hatten eine Bootswerft, daher war ich es einfach gewohnt, ständig in der Werkstatt zu sein", erklärt die 64-Jährige. Bei ihr sollte es am liebsten eine Ausbildung zur Goldschmiedin oder Keramikerin sein. Sie wurde letzteres. "Ich war froh, eine Lehrstelle in Bremen bekommen zu haben. Als ich 1976 mein Abitur gemacht hatte, waren diese nämlich sehr begehrt", so Dannhus, die nach ihrer Meisterprüfung selbst anfing, Lehrlinge auszubilden. Dannhus denkt nicht ans Aufhören: Eigentlich möchte die Keramikerin in ihrem Beruf nun etwas kürzer treten und befindet sich daher in Altersteilzeit. Ganz aufhören kommt für sie aber dennoch nicht in Frage. Dafür ist die Leidenschaft noch viel zu groß. Vor dem Lockdown hatte sie die Öffnungszeiten aber die Wochentage von Donnerstag bis Samstag beschränkt. In der Schuhstraße schließt sich ihre Werkstatt im hinteren Bereich direkt an den Verkaufsbereich an. Eine Aushilfe fertigt mit Dannhus zusammen die Formen an. Dabei findet aber nicht alles auf der Drehscheibe statt. "Eckige oder ovale Teile, wie Platten oder Butterdosen werden mithilfe von Gipsformen gefertigt", erklärt Dannhus. Diese Art der Fertigung ist einfacher als die Arbeit mit der Töpferscheibe. "Das sieht zwar leicht aus, ist aber körperlich sehr anstrengend", so die 64-Jährige. Denn mit den Händen muss viel Kraft aufgebracht werden, um den Ton auf der Scheibe zu halten. Erst die Feinarbeit, dann wird gebrannt: Nach ein paar Tagen sind die Formen lederhart, das bedeutet, dass sie zwar nicht mehr plastisch formbar, aber auch noch nicht trocken sind. Sie lassen sich also noch bearbeiten. Jetzt werden Gefäße und Teller geglättet, Späne fliegen umher und übrig bleibt die spätere Form, die in den Brennofen kommt. Bis es so weit ist, dauert es jedoch vier bis sechs Wochen. So lange braucht es, bis die Rohlinge trocken sind. Anschließend werden sie bei 920 Grad gebrannt. Im Ofen werden mehrere Tassen, Krüge und Ähnliches auf Brettern übereinander gestapelt. "Die Brennkosten sind enorm, daher wird der Ofen nur angemacht, wenn er auch wirklich voll ist", betont Dannhus. Der Vorgang dauert drei Tage. Werden die Gegenstände zu früh herausgeholt, könnten aufgrund des Temperaturunterschieds Risse entstehen. Genutzte Glasuren sind lebensmittelecht: Danach erfolgt entweder direkt die Glasur, oder die Gegenstände werden vorher noch bunt verziert. Dies geschieht mit Malbällchen, aus denen flüssige Farbe läuft, während zum Beispiel eine Keramikschale wieder auf einer Drehscheibe in Bewegung gebracht wird. So entstehen im Handumdrehen gleichmäßige Linien. Mit einer Zange hält Dannhus anschließend ihre Werke in die selbst hergestellte Glasur, die lebensmittelecht ist. Je nachdem wie lange sie in die Mischung getaucht werden, nehmen die Gegenstände einen helleren oder dunkleren Farbton an. Danach werden aber zumindest die Böden der Gefäße wieder gereinigt, denn ansonsten könnte es beim zweiten Brand sein, dass diese durch die Glasur im Ofen kleben bleiben. Während es in größeren Manufakturen früher oft zu Arbeitsteilungen kam, sodass viele nur für einen bestimmten Bereich des Töpferns zuständig waren, macht Dannhus in ihrer Werkstatt immer noch alles selbst. "Es ist ein Handwerk mit vielen verschiedenen Schritten, aber zwischen diesen liegt auch immer viel Zeit", erklärt die Keramikerin. Bestellungen zu bearbeiten kann da schon einmal mehrere Monate dauern. "Aber ich habe Stammkunden, die zu schätzen wissen, was sie da bekommen", betont Dannhus. Auf diese Handwerkskunst wird gerne gewartet. Von Lisa Brautmeier Annette Dannhus stellt in ihrer Werkstatt Gebrauchs- sowie Gartenkeramik her. Nach dem ersten Brand und der Glasur kommen diese noch bei 1260 Grad in den Elektroofen. Teller, Tassen und Ähnliches sind anschließend alle für Geschirrspülmaschinen geeignet. Die Gartenkeramik ist frostfest. Vasen, Wasserbrunnen und andere Dekorationselemente können also problemlos auch im Winter draußen stehenbleiben. Für ihre Arbeiten verwendet sie eine Westerwälder Steinzeugmasse, die entweder gedreht oder gebaut wird. Sie kann auch mit Textil- und Stempelstrukturen versehen werden. Die Leidenschaft der Cellerin gehört aber der Technik des Salzbrandes. Dieser erfolgt unter Reduktion im Gasofen bei 1300 Grad. Dazu werden die ausgewählten Einzelstücke vorher mit einer Kaolinengobe überzogen, die später für das Entstehen von warmen Orangetönen sorgt. Dazu werden im Ofen Näpfe mit Salz hineingestellt. Der Salzdampf bildet mit dem Quarz im Ton die Salzglasur. Dadurch entstehen viele verschiedene Zeichnungen und Farbverläufe, die durch die Flammen und den Salzanflug entstehen. Daher sind diese Arbeiten auch sehr von Zufälligkeiten geprägt.