Ärger um neue Wegeführung für Radfahrer in Celle

Stürze an der taktilen Kante und gefährliche Begegnungen mit Autofahrern – die Bürger im Hehlentor sind verärgert. Seit die Stadt vor ein paar Wochen den Überweg an der Wittinger Straße Höhe Mertensstraße umgebaut hat, herrscht unter den Radfahrern Verwirrung. Die Umgestaltung des Zebrastreifens dient der Vorbereitung der Fahrradstraße, die von Altenhagen in die Innenstadt führen wird. Das Problem: Die Verkehrsführung ist von der Stadt schon einmal so geändert worden, als wäre die Fahrradstraße bereits in Betrieb. Das Ergebnis: eine große Verunsicherung unter Radfahrern und Autofahrern. Die CZ hat sich vor Ort die Problemecken angeschaut. Stürze an taktilen Kanten: Der neue Zebrastreifen ist mit taktilen Kanten für Sehbehinderte versehen worden. Daneben gibt es abgeflachte Furten für etwa Rollstuhlfahrer, Fußgänger mit Rollatoren oder Kinder, die auf dem Gehweg fahren dürfen. Das Problem: Die Furten sind auf beiden Seiten des Zebrastreifens unterschiedlich lang, im Süden etwa einen Meter, auf der nördlichen Seite etwa drei Meter. Wer in Richtung Innenstadt fährt, riskiert, unvermittelt mit seinem Vorderreifen gegen die etwa sechs Zentimeter hohe taktile Kante zu prallen. Wer dabei seinen Lenker nicht fest im Griff hat, droht zu stürzen. Die CZ hat am Donnerstag selbst einen Sturz einer jungen Frau beobachtet, Passanten berichteten von weiteren Unfällen. Radfahrer sollen auf Straße fahren: Die neue Verkehrsführung hat die Stadt ohne vorherige Ankündigung eingeführt. Dazu wurden einfach in Höhe des Zebrastreifens Fußgängerschilder angebracht. Damit war für die Stadt die Sache erst einmal erledigt. In anderen Worten: Auf der südlichen Seite gibt es keinen Radweg mehr, auch wenn die grauen Pflastersteine dies immer noch vorspiegeln. Viele Radler bleiben auf ehemaligem Radweg: Die Radfahrer müssen nun in beide Richtungen auf der Wittinger Straße fahren. Daran halten sich viele nicht, sei es aus Unkenntnis oder weil es ihnen zu unsicher ist. Die CZ hat am vergangenen Freitag gezählt. Zwischen 12.30 und 13.30 Uhr waren insgesamt in beide Richtungen 269 Radfahrer unterwegs. Von diesen fuhren 113 entsprechend der neuen Regelung. 145 nutzten den ehemaligen Radweg auf der Südseite und elf fuhren sogar auf dem Gehweg auf der nördlichen Seite der Wittinger Straße. Insgesamt 31 Radfahrer fuhren gegen die taktile Kante. Stürze blieben dabei zum Glück aus. Veränderte Verkehrsführung ohne Hinweise: Die Freigabe der Einbahnstraße Wittinger Straße erfolgte unvermittelt, Radfahrer haben keinen speziellen Hinweis erhalten, dass sie nun entgegen der Fahrtrichtung fahren sollen – und das in einer Straße, die sie seit Jahren als Einbahnstraße kennen. Gravierender fällt ins Gewicht, dass Autofahrer aus Richtung Torplatz nicht darauf hingewiesen werden, dass ihnen nun Radfahrer entgegenkommen. Der einzige Hinweis auf den Gegenverkehr findet sich in Höhe der roten Backsteinausfahrt an der Dammaschwiese. Auf der gegenüberliegenden Seite wurde ein Einbahnstraßenschild mit dem Hinweis "Fahrräder aus beiden Richtungen" angebracht. Der Hinweis erfolgt für Autofahrer viel zu spät und ist für diese schlecht zu sehen. Zu wenig Platz vor Zebrastreifen: Schlecht gelöst ist die Situation direkt am Zebrastreifen. Steht dort ein Auto, um etwa Fußgänger queren zu lassen, ist die Fahrspur für die Radfahrer blockiert. Es gibt schlichtweg nicht genug Platz für Radfahrer und Autos. Zu Stoßzeiten des Fahrradverkehrs kann das zu Problemen führen. Einige Radfahrer weichen auf den nördlichen Bürgersteig aus. Stadt Celle wird am Freitag Markierungen auftragen: "Nach Abschluss der Arbeiten erschließt sich die Situation sicherlich besser als im jetzigen Zwischenzustand", sagt Stadtsprecherin Myriam Meißner und verweist auf die anstehenden Markierungsarbeiten, die am Freitag, 6. Mai, stattfinden werden. Dazu wird die Wittinger Straße ab der Einmündung Lüneburger Straße bis zur Mertensstraße von 9 Uhr bis zum Nachmittag voll gesperrt. In dieser Zeit will die Stadt mit Radpiktogrammen, Richtungspfeilen und Beschilderungen die neue Verkehrsführung verdeutlichen. Ortsbürgermeisterin lädt zu Ortstermin: Auch Ortsbürgermeisterin Marianne Schiano (CDU) hat die derzeitigen Probleme an der Wittinger Straße im Blick. Ihr wurden in den vergangenen zwei Wochen zwei Stürze berichtet. Sie wird am Freitag, 6. Mai, nach den Markierungsarbeiten um 16.30 Uhr am Zebrastreifen sein. "Jeder, der sich mit mir in Ruhe den neu gestalteten Bereich anschauen und mit mir seine Erfahrungen austauschen möchte, ist herzlich eingeladen", sagt Schiano, die sich wegen der seit Jahren unbefriedigenden Situation am Zebrastreifen für eine Fahrradstraße in der Spangenbergstraße eingesetzt hatte. "Dass man sich an neue Situationen zunächst gewöhnen muss, ist nichts Neues, dass man an umgestalteten Stellen zunächst einmal mit Vorsicht fährt, auch nicht. Wir müssen uns an die neue Verkehrsführung gewöhnen, was natürlich nach Jahrzehnten nicht einfach ist. Ich bin mir aber sicher, dass die neue Fahrradstraße ein riesiger Gewinn für das Hehlentorgebiet und die Radfahrer sein wird." Klarheit Vorfahrt für Radfahrer: Die Einrichtung von Hauptrouten für den Radverkehr kann ein großer Wurf werden, um Celle fahrradfreundlicher zu machen. Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail wie das Beispiel der Wittinger Straße zeigt. Seit etwa drei Wochen – nach dem Umbau des Zebrastreifens – herrscht bei den Radfahrern große Verwirrung darüber, wo sie hier langfahren sollen. Stadt hat es sich zu einfach gemacht: Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: auf der Straße. Allerdings hat es sich die Stadt hierbei sehr einfach gemacht. Durch Fußgängerschilder, die wohl nur die wenigsten Fahrradfahrer wahrnehmen, haben die Verkehrsplaner im Neuen Rathaus kurzerhand einen Radweg gestrichen und gedacht, damit sei es getan. Und das auf einer der meist befahrenen Fahrradstrecken der Stadt. Neue Regelung muss sich einspielen: Sicherlich stimmt es, dass sich neue Regelungen erst einmal einspielen müssen. Aber dafür müssen diese neuen Regelungen auch klar kommuniziert werden. An der Wittinger Straße gibt es jedoch keinen Hinweis auf eine veränderte Verkehrsführung. Keinen Hinweis darauf, dass die Radfahrer nun auf die Straße sollen. Keinen Hinweis darauf, dass den Autofahrern jetzt Radfahrer entgegenkommen. Unter diesen Voraussetzungen kann man sehr gut verstehen, dass viele noch auf dem ehemaligen Radweg fahren. Als Eltern konnte man seinen Kindern nur empfehlen, nicht die Straße zu benutzen. Warum hat die Stadt nicht gewartet? Morgen soll alles besser werden, dann wird die Stadt mit den Markierungsarbeiten beginnen. Sicherlich wird das für mehr Klarheit sorgen. Allerdings werden sich viele Radfahrer fragen, warum die Stadt nicht mit der neuen Verkehrsführung so lange gewartet hat, bis diese auch klar gekennzeichnet ist. Prekäre Kreuzungsbereiche: Und: Die neuralgischen Punkte der Hauptroute nach Altenhagen kommen erst noch: die Querung des Prinzengartens und der Dörnbergstraße. Hier sollen die Radfahrer vorfahrtberechtigt werden. Man kann nur hoffen, dass die Stadt hier umsichtiger und mit einem klaren Konzept agiert, das von Anfang an greift, ansonsten sind schwere Unfälle programmiert. Den Radfahrern kann man jetzt schon raten, hier nicht auf ihre Vorfahrt zu pochen, sondern vorsichtig in die Kreuzungsbereiche einzufahren – denn Autos sind härter als Radfahrer.